dadaBLUES JOE 

: Total Crazy (CD, 1998) - Coverfoto von 1961 Blues Explosion
Er erzählt kleine Geschichten mit wenigen Worten, die keine Gefahr laufen, mit dem Gewicht angemaßter Erfahrung überfrachtet zu werden. Geschichten nicht aus irgendwelchen Baumwollfeldern oder Brownstone-Ghettos, sondern z.B., völlig instrumental, vom ruhrschnellweg (Harmut ist 1948 in Kettwig/Ruhr geboren und wohnt in Düsseldorf), oder, das Blues-Klischee ironisch aufgreifend, vom L.A. Blues: "i've never lived in memphis / i've never been to l.a. / i met my girl in paris / and now i'm on my way // i sing the blues in berlin / i play rock'n'roll in cologne / i have a girlfriend in munich / and now i feel at home".
Um die intensive Atmosphäre zu erzeugen, die seine nüchternen oder verspielten Texte immer gleich ironisch zu brechen scheinen, weitet dadaBLUES JOE das Klangspektrum der klassischen Blues-Klangerzeuger Gitarre, Mundharmonika und Stimme weit über den Rahmen des Genreüblichen aus - mit Drumcomputer, Gitarreneffekten, Sampler und einer Kombination diverser Aufnahmemedien (darunter laut Text-Booklet ein "Cassetten-Diktiergerät"!) werden in den besten Momenten der CD Total Crazy dichte Klangtexturen erzeugt, in denen die altbekannten Gitarrensoli aufgeraut statt gefällig klingen, wo die Stimme zwischen Sphärenrauschen und eher perkussiven Gitarrenklängen ihren Weg sucht und man beim Zuhören mit auf die Suche gehen kann. Das Highlight des Albums ist elvis im radio - hier gelingt dadaBLUES JOE das buchstäblich Unerhörte: durch die Einbettung in ein neues Klangumfeld hört man ein Fender-Stratocaster-Bluesrockgitarrensolo plötzlich, als wäre es etwas ganz Neues.

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