Ater
Skumring (MC, 1996)

Aufgrund des Titels und des liebevoll gestalteten 12seitigen Booklets erwartet man hier zunächst Black Metal oder Mörder-Industrial in der Tradition norwegischer Einsiedlerprojekte wie Burzum. Der Höreindruck aber zeigt: "Dark atmospheric music" wird hier nicht durch Gruftie-Techno erzeugt, und obwohl die barocken Konzeptalbum-Titel wie "Crystal waters enshrouded by moonlight" die instrumentalen Stücke bisweilen etwas überfrachten, liegt der Musik auch jedes billige Esoterik-Klischee fern. Dennoch wäre es nicht falsch, die Musik als meditativ zu bezeichnen, insoweit auch Chopin oder die Klanglandschaften von Brian Enos Another Green World oder der Cure-LP Seventeen Seconds meditativ sind. Wie Eno setzt Ater Synthesizer sparsam ein und arbeitet dafür mit einer für Homerecordingverhältnisse beachtlichen Palette an Gitarrensounds, aber auch mit Blockflöte und einem irgendwie präpariert klingenden, aber vermutlich nur gut aufgenommenen Klavier. Das atmosphärische 'Ambient'-Konzept des Tapes geht voll auf: mit ganz sparsamen technischen Mitteln und durch die unaufdringliche Variation eines relativ minimalistischen Repertoires musikalischer Motive wird hier eben kein Klangteppich aus Hintergrundmusik ins Zimmer gehängt. Vielmehr taucht trotz der entspannenden Wirkung dieser Musik, die man vermutlich meist abends hören wird, immer wieder jene unterschwellige Spannung auf, die sich nicht auflösen läßt und damit die Weltfluchtverheißungen ihrer Liner Notes selbst überholt. "Salvation" wird man bei Ater nicht finden, dafür aber schöne Musik, die sich von der vieler vergleichbarer ("Dark Wave"-) Projekte auch dadurch angenehm abhebt, daß sie ihre Melancholie ernsthaft und deshalb nicht wichtigtuerisch zelebriert.

Gerald Fiebig

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