Sportfreunde Wahnfried
Trafofreunde: zufriedenes Herz (CD, 2002)
Zu bestellen bei Tobias Tasch
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Das ist Homerecording als Suche nach Transzendenz: durch 16 Tracks versuchen die Trafofreunde, die in Wirklichkeit natürlich nur einer sind, den immergleichen Drumcomputer und das immergleiche Umhängekeyboard über deren Grenzen hinaus zu treiben. Das Resultat ist dieses Album, dessen Sound sich wahlweise als Bombast-Metal-Instrumental mit Falco-Vocals und NDW-Texten oder aber als Helge-Schneider-Heimorgeljazz mit Klaus-Nomi-Pathos beschreiben lässt - unwahrscheinliche Querverbindungen, die tatsächlich so manche Geschmacksschublade plötzlich willkürlich und borniert erscheinen lassen.

Es hätte dem Album sicher gutgetan, wenn man die Stücke noch etwas strenger ausgefiltert hätte, denn einiges wirkt hier recht unfokussiert und spannungsarm - ziellos improvisierte Tracks, die sich etwas zu sehr auf reine Spielereien mit spacigen Soundeffekten verlassen. Die stärksten Stücke auf der CD sind in meinen Ohren diejenigen, die am ehesten als Songs bezeichnet werden können, wo sich die Lyrik also schlüssig mit einem dichten musikalischen Aufbau verbindet. Highlights, die ich nennen möchte, sind: Versagung (Track 4), dessen Fake-Jazz mich an die großartigen frühen Nits erinnert, Fischli der Neue (Track 5), das eine schöne traurige Wavepop-Ballade à la Flock of Seagulls sein könnte, wenn nicht der (als Rammstein-Verrschung gedachte?) Gesang in diesem Fall so nerven würde, der Kurzknaller Alaram (Track 8) mit dem herrlichen Kehrvers "Lass uns mal an die Aral gehn" - offensichtlich eine fragmentierte Studie über Kleinstadtlangeweile - und, zum Beleg, dass sich das Album zum Ende hin wirklich steigert, das in unerwarteten Mutationen verlaufende, bei anderer Instrumentierung schon fast als Jazzcore zu bezeichnende Merk D (Track 14). Den in vieler Hinsicht - Energie, Härte, Spannung und textliche Schärfe - krönenden Abschluss bildet Der Verrückte. Hätte Frank Z. von Abwärts auf der zweiten Roxy-Music-Platte mitgemischt, hätte es nicht besser klingen können. Und das will was heißen.

Homerecording bei den Trafofreunden ist vielleicht auch der Versuch, die Enge der eigenen vier Wände ohne Presslufthammer zu sprengen. Dies ist eine stets zu erwägende Alternative zu zertrümmertem Geschirr und selbst entfachten Zimmerbränden, und wenn dabei ein zufriedenes Herz herauskommt, ist er offenbar von Erfolg gekrönt.

gebrauchtemusik

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