...und Shane war der Letzte an der Bar
Manchmal passieren Dinge, von denen man zuvor nichtmal
gewagt hat zu träumen. So zum Beispiel die
persönliche Begegnung mit Joe Strummer bei der
Backstage-Party nach seinem Konzert im Dubliner
Olympia Theatre.
Ziemlich nervös stand ich da, als mir Mr. Strummer
von seinen Erfahrungen in Deutschland("I was banned
from playing in Hamburg for 21 years...yeah, we had
some cool gigs there in 1978") erzählt hat.
Angesprochen auf ein Interview von diesem Sommer, in
dem er laut SZ behauptet, The Clash hätten keine
Ahnung und kein Interesse an Politik gehabt, ist Joe
ziemlich verärgert("This is the worst news of the
year!") über die falsche Übersetzung, denn er hat
damit die heutige Situation gemeint, in der es nur
noch um Geld geht. Wer The Clash kennt konnte dies
ohnehin nicht glauben.
Kaum glauben konnte ich es auch, als ich Anfang September, kurz nach meiner Landung in Irland, vom "Joe Strummer & The Mescaleros"-Konzert gelesen hab'. Ich hatte noch nie die Gelegenheit, den Sänger und Gitarristen einer meiner absoluten Lieblingsbands, The Clash, zu sehen und hab' mir also schnellstmöglich mein Ticket besorgt und die Tage gezählt.
Am 21.11.01 war es soweit: Ich steh' im Olympia, mein
Murphy's in der Hand und Joe Strummer & The Mescaleros
betreten die Bühne. Los geht's mit "Minstrel Boy",
einem Instrumental vom neuen Album "Global A Go-Go",
bei dem Fiddle-Hero Tymon Dogg(Clash-Fans kein
Unbekannter) gleich zur Topform aufgeigt und Joe
erstmal im Hintergrund bleibt. Danach geht's
Schlag-auf-Schlag weiter, als vierten Song gibt's auch
schon die erste Clash-Nummer des Abends("Rudie can't
fail"), der noch viele folgen sollten. Joe Strummer
wirkt auf der Bühne genauso, wie er in den alten
Videos(von denen ich ihn bislang nur kannte) aussieht:
Er lebt und leidet seine Lieder, das fühlt und sieht
man. Einziger Unterschied zu früher ist vielleicht
dass er heute nicht mehr ganz so dürr ist. Viele
Worte braucht er nicht und wenn er Songs wie "Police
on my back" oder "I fought the law" spielt, dann
spielt er die echt und jetzt und es ist keine
Nostalgie-Reproduktion von alten Hüten. Die Stimmung
war bei diesen Liedern auf dem Höhepunkt, allerdings
getrübt von übereifrigen Ordnern, die einige
Pogotänzer aus dem Publikum entfernt haben. Mich
gottseidank nicht und so kam ich auch weiterhin in den
Genuss dieser Mischung aus Rock'n'Roll, Punk, Ska,
Reggae und teilweise auch etwas Bluesfolk, die Joe
Strummer mit seiner gut eingespielten und gutgelaunten
Band ablieferte. Als letzte Zugaben gab es dann noch
"Yalla Yalla", "Message to Rudie", "London's burning"
und schliesslich zu ehren des unvergessenen Joey
Ramone "Blitzkrieg Bop", bevor sich die Band von einer
begeisterten Menge verabschiedete.
Tja, und dann stand ich also plötzlich im Backstage-Pub, mein Murphy's in der Hand und nicht so ganz begreifend, was um mich herum so passiert...am Ende war dann auch nur noch Shane McGowan an der Bar und die Band schon auf dem Weg zum nächsten Konzert in Bristol...down along the road-hey!